Ist es mit den ethischen Maßstäben eines Journalisten vereinbar, wenn er in einem bei SPIEGEL ONLINE publizierten Artikel versteckt für ein Internetportal wirbt, dessen Herausgebern er nahesteht? Ist es mit den ethischen Maßstäben eines Journalisten vereinbar, wenn die versteckt beworbene Internetseite im Grenzbereich zur Internet-Kriminalität arbeitet? Marcus Anhäuser, um den es hier geht, hätte diese Fragen klären können ... ist einer Diskussion jedoch ausgewichen.
Hat der Wissenschaftsjournalist Marcus Anhäuser, Herausgeber des Weblogs Plazeboalarm bei ScienceBlogs, mit seinem Hinweis auf Esowatch.com als kleine „Gefälligkeit“ für Freunde geworben? Und hat er damit gegen Ziffer 1, 6 und 7 des Pressekodex verstoßen? Diese Sichtweise vertritt GWUP.WATCH - und hat sie an folgender Stelle durch Fakten begründet. Oder gibt es Argumente, welche gegen diese Sichtweise sprechen?
Marcus Anhäuser hatte soeben die Gelegenheit, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften - hat sie jedoch nicht genutzt. In einer Diskussion mit H.Blog-Herausgeber Claus Fritzsche außerte sich Anhäuser in seinem eigenen Blog mit folgenden Worten:
„Aber was jetzt ihr eigenartiger Vorwurf (das Ding mit der Schleichwerbung) mit der Prozentgeschichte zu tun haben soll, da bin ich überfragt. Ich verstehe auch den ganzen Vorwurf gar nicht.“
Fritzsche nutze die Gelegenheit und erläuterte Anhäuser das „Ding mit der Schleichwerbung“. Anstatt jedoch auf die Argumentation einzugehen, löschte Anhäuser den Fritzsche-Kommentar und versah ihn mit einer hämischen Anmerkung. Der folgende Screenshot zeigt den Kommentar einmal nach und einmal vor seiner Löschung. Und hier ist eine Abschrift des zensierten Wortwechels:
Marcus Anhäuer - 20.02.10 - 14:57 Uhr
Hallo Herr Fritzsche,
ist doch schön, wenn Sie mir zustimmen. Dass Sie das überdehnt finden, ist Ihr gutes Recht. Ich find's angemessen. Aber was jetzt ihr eigenartiger Vorwurf (das Ding mit der Schleichwerbung) mit der Prozentgeschichte zu tun haben soll, da bin ich überfragt. Ich verstehe den ganzen Vorwurf gar nicht.
Und auf ihre Webseite folgen? Da bin ich noch vom letzten Mal genervt: Nachdem Ihr System zwei mal meine Kommentare gefressen hat, habe ich ehrlich gesagt keinen Bock mehr.
Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.
Und bitte korrigieren: Der Artikel ist nicht im SPIEGEL erschienen und mein Blog wird nicht mit "c" geschrieben. Das können Sie dann auch gleich bei GWUP-Watch korrigieren.
Schönes Wochenende
Claus Fritzsche - 21.02.10 - 14:28 Uhr
Lieber Herr Anhäuser,
gerne erkläre ich Ihnen, was Ihre "Prozentgeschichte" mit meinem Vorwurf der "Schleichwerbung" zu tun hat. Es geht mir darum, Ihre DOPPELMORAL zu thematisieren: Sie werfen im Glashaus mit riesigen Felsbrocken um sich! Die entscheidenden (Ihren SPIEGEL-Online-Artikel "Wenn Patienten ihre Galle selber spülen" betreffenden) Kritikpunkte sind bei GWUP.WATCH ja schon gut zusammengefasst:
1. INTERESSENKONFLIKT:
Sie machen versteckt Werbung für ein Portal (Esowatch.com), dessen Herausgebern Sie nahestehen. Das ist ein Verstoß gegen den Pressekodex des Deutschen Presserats, der solches Verhalten nicht als Bagatelle einstuft. Es handelt sich hier um ein schwerwiegendes Vergehen, welches Journalisten aus ethischen Gründen zu unterlassen haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die "Gefälligkeiten" mit einem pekuniären Gegenwert verbunden sind oder nicht.
(Ich würde Ihren Artikel anders bewerten, hätten Sie ihn ausschließlich in Ihrem Blog veröffentlicht. In einem Leitmedium wie SPIEGEL ONLINE gelten in Hinblick auf "Gefälligkeits"-Hinweise jedoch höhere Maßstäbe.)
2. IRREFÜHRUNG:
Ihr Hinweis auf und der Link zu Esowatch.com sind darüber hinaus auch aus journalistischer Sicht in hohem Maße kritikwürdig. Wenn Sie Gesundheits-Ratschläge im Internet zu Recht hinterfragen, dann ist es UNSERIÖS und UNPROFESSIONELL, auf eine Quelle wie Esowatch.com zu verweisen, die selbst gegen die Grundsätze evidenzbasierter Patienteninformation verstößt (anonyme Autoren, Missachtung von EBM-Kriterien, viele Fehler, selektive und tendenziöse Darstellung, Ideologie-Bias).
3. KRIMINALITÄT:
Als Wissenschafts-Journalist sollten Sie so viel Differenzierungsfähigkeit und Beobachtungsgabe haben, um bei Esowatch.com nicht nur die wertvollen sondern auch die kritikwürdigen und gefährlichen Aspekte wahrnehmen und gewichten zu können. Die Plattform arbeitet im Grenzbereich zur Internet-Kriminalität, wie das Beispiel "Simone K." (O-Ton Esowatch: "Psychiatrie-Erfahrung hat sie auch") deutlich macht. Und was Esowatch.com über viele Persönlichkeiten - z.B. MdB Biggi Bender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder Dietrich Grönemeyer - selektiv und tendenziös schreibt, das bewegt sich vom fachlichen und intellektuellen Niveau her weit unterhalb der Grasnarbe.
Punkt 1, 2 und 3 sind in Summe so eklatant und offenkundig, dass Ihr Artikel für mich geradezu selbstzerstörerische Tendenzen hat.
Alle hier genannten Gedanken wollte ich übrigens schon früher zum Ausdruck bringen, habe mir dies jedoch verkniffen. Ihr meines Erachtens extrem ÜBERDEHNTER Blog-Beitrag zu meiner Person war nun der Auslöser, mich zu artikulieren. Frei nach dem Motto: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
Alle Klarheiten beseitigt?
Auch Ihnen ein schönes Wochenende
Claus Fritzsche
Dieser Kommentar wurde von Marcus Anhäuser gelöscht und mit folgendem Hinweistext versehen:
Hey Herr Fritzsche, da haben Sie mich wohl missverstanden. Das sollte keine Aufforderung sein Ihren Unsinn, den Sie schon auf ihrem Blog über mich verbreiten, auf meinem auch noch zu tun. Das konnten Sie nicht wirklich glauben, dass Sie damit durchkommen, oder? Tun Sie das mal schön weiter auf Ihrem Blog (und natürlich auf Twitter und GWUP Watch). Und vergessen Sie nicht zu verbreiten, dass ich Ihren Kommentar zensiert habe.
Weitere Informationen zur Kontroverse Anhäuser/Fritzsche:
Plazeboalarm: "58% der Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben positive Erfahrungen mit einer homöopathischen Behandlung"
H.Blog: Gefährliche Schleichwerbung: Marcus Anhäuser, SPIEGEL ONLINE und Esowatch
Screenshot: Zensierte Diskussion Anhäuser/Fritzsche im Weblog Plazeboalarm
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Link zum Thema:
Esowatch.org informiert über Esowatch.com
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